Nein, hier geht es natürlich nicht um einen lebendigen Baum, der durch die Gegend spaziert. Auch im 19. Jahrhundert war die Frage nach einem nachhaltigen Weihnachtsbaum ein Thema, was dieser Artikel aus dem Jahre 1892 in der Illustrierten Frauenzeitung aufzeigt. Besonders interessant finde ich die Idee ein etwas exotischeres Gewächs wie die Araukarie als lebenden Christbaum zu verwenden.
Der in jedem Jahr steigenden Nachfrage nach hübschen Christbäumen ist es zuzuschreiben, daß die bevorzugten heimischen Fichten in schönen Exemplaren immer spärlicher werden. In den letzten Jahren kamen neben den Fichten und Tannen auch Kiefern auf den Weihnachtsmarkt, aber diese letzteren entsprechen leider nicht der Vorstellung, die man sich allgemein von einem schönen Weihnachtsbaum zu machen pflegt. Wer in jedem Jahre der Sorge um die Beschaffung eines Baumes für das Weihnachtsfest überhoben sein möchte, und wer es als Uebelstand empfunden hat, daß die gekauften wurzellosen Bäume oft schon am heiligen Abend die Nadeln fallen lassen, der wähle sich in einer Baumschule einen Baum mit gutem Wurzelballen als lebenden Christbaum und lasse ihn in einen hübschen KÜbel aus Eichenholz pflanzen. Der Preis ist gering, wenn man bedenkt, daß solch lebender Baum jahrelang auf dem Weihnachtstisch prangen wird, im Sommer eine Gartenzierde bildet und im Winter zur Ausschmückung eines Vorsaales oder kalten Zimmers verwendet werden kann.
Von Fichten liefern u.a. hübsche lebende Weihnachtsbäume die Pyramiden-Fichte, die Alpenfichte, die schwedische Fichte, die herrliche stechende Fichte mit ihren prachtvoll gefärbten Varietäten, blaugrünen, silberweißen Nadeln u.a.; von Tannen die unvergleichlich edle Nordmanns-Tanne, die herrlich duftende Balsamtanne, die edle Tanne, die gleichfarbige Tanne und andere mehr. Die vornehmsten aller Coniferen oder Nadelhölzer, die als Weihnachtsbäume Verwendung finden können, sind die erhabene Araucarie von den Norfolk-Inseln mit hellgrünen Nadeln und ihren bläulich-grün gefärbte Abart. Beide Pflanzen, besonders die letztgenannte Abart, sind theuer (kleine Exemplare bezahlt man mit 12-20 Mark), aber prachtvoll durch ihre eigenthümliche Formen. Die Zweige stehen quirlförmig; jeder Quirl bildet eine Etage, und da sich die Etagen von unten nach oben verjüngen, d.h. an Umfang erheblich abnehmen, so lassen sich derartige Bäume nicht nur sehr leicht und elegant ausschmücken, sondern die Kerzen können auch so angebracht werden, daß sie einerseits durch die ausströmende Wärme den Baum nicht schädigen und andererseits auch weniger feuergefährlich sind.
Mein favorisierter Weihnachtsbaum ist eine Blaufichte – duftet herrlich und trotz der pieksenden Nadeln, hält die Frische lange an (bei einem geschnittenen Baum). Der Baum wächst eher langsamer und produziert auch rötliche Zapfen, wenn er dann mal großgewachsen ist. Welcher Baum darf es für dich sein?
Bild: The Living Christmas Tree aus dem Buch Things worth doing and how to do them, 1906