Bloomers oder Knickerbockers Schnittmuster nach „The Practical Designer“

Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich gerne mit Rosenfelds „Practical Designer“ arbeite, denn seine Herangehensweise ist so gut wie idiotensicher und lässt sich mit einem einfachen Lineal umsetzen.

Heute möchte ich euch daher die Anleitung zur Konstruktion eines Hosenschnittes, in diesem Fall Knickerbockers bzw. Bloomers (also im Grunde genommen Unterwäsche) in deutscher Sprache liefern, die es euch ermöglicht, mit euren eigenen Maßen den Schnitt zu erstellen. Es handelt sich hierbei um ca. knielange Hosen, die entweder als Unterhosen (Bloomers) oder als unter einem Rock getragene Knickerbockers angefertigt wurden.

Die Originalanleitung findet ihr in Rosenfelds „The Practical Designer for Women’s and Misses‘ Underwear“ auf Seite 34 und 35.

Zur Anfertigung benötigst du:

  • einen ausreichend großen Bogen Papier (ca. Hälfte deiner Hüftweite plus ein paar Zentimeter breit und etwa 80 Zentimeter lang)
  • einen Bleistift
  • ein langes Lineal oder einen geraden Stock
  • ein Maßband mit Inches
  • ein Geodreieck oder ähnliches Instument, um rechte Winkel zu erzeugen
  • eine Schneiderkurve für die Bögen

Folgende Maße werden benötigt:

  • Taillenweite
  • Hüftweite
  • Äußere Beinlänge – in diesem Fall ca. 26 inches
  • Sitzhöhe

Um die Sitzhöhe richtig abzumessen, ist es sinnvoll, eine zweite Person zur Hilfe zu nehmen. Du setzt dich auf eine flache Oberfläche, dein Helfer misst gerade von deinem Rücken in Höhe der Taille zur Sitzfläche. In der Regel sind das ca. 12 inches.

Die Maße schreibst du dir am besten auf einen Zettel auf und notierst dir dahinter am besten gleich folgende Berechnungen: 1/2, 1/4, 1/12 – diese benötigen wir für die Konstruktion.

1. Vorderteil

Wir beginnen rechts auf dem Papier mit einer Linie A zu C (siehe Diagramm oben) in der Länge der äußeren Beinlänge. Von A zu B wird die Sitzhöhe angezeichnet (also ca. 12 inches). Nun werden im rechten Winkel von A, B und C jeweils Linien nach links abgetragen. A zu R ist die Taillenlinie, B zu I die Hüftlinie und C zu T die Knielinie. Von B zeichnen wir zu H 1/4 der Hüftweite an, von H zu I wird 1/12 Hüftweite gemessen. Von H rechtwinklig nach oben zeichnen wir R ein.

Von R zu O zeichnen wir 1/4 Taillenweite ein. Von O zu P werden 2 inches für Nähte und Passform hinzugefügt. Von P zu Q gehen wir 1/2 inch nach oben, von R zu X gehen wir 1/2 inch nach unten. Nun verbinden wir X mit Q in einer Linie. Von B zu U fügen wir ebenfalls 1 1/2 inches für die Passform hinzu. Nun verbinden wir mit einem Bogen wie im Diagramm gezeigt Q zu U und bis hinunter zur Knilinie zu C.

Den Abschluss des Vorderteils zeichnen wir wie folgt auf: Der gleiche Wert von H zu I wird nun nach oben von H zu J eingezeichnet. Auf der Linie I zu J markieren wir die Mitte mit Punkt M und von M zu N markieren wir 1/2 inch und zeichnen eine Kurve von J, N zu I. Um die innere Naht zu vollenden, nehmen wir 1/2 inch von I zu V und zeichnen eine gerade Linie von V zu T mit einer Kurve wie im Diagramm von I zu T. So vollenden wir das Vorderteil für die Hose.

Anmerkung: An dieser Stelle kannst du zum Beispiel das Vorderteil ausschneiden und auf einen weiteren Bogen Papier mit ein paar kleinen Tesafilm Streifchen befestigen. So ersparst du dir hinterher das zweifache Abpausen 😉

2. Rückteil

Das rückwärtige Hosenteil wird basierend auf dem Vorderteil konstruiert. Als erstes zeichnen wir am Schnittpunkt von R zu A und von X zu Q den Punkt L ein. Nun gehen wir auf der X zu Q Linie weiter, um von L zu A (s. linkes Diagramm) 1/4 der Taillenlänge abzutragen. Von A zu P erweitern wir um 3 inches für Passform und Abnäher. Von B zum zweiten U Punkt sind es ebenfalls 3 inches für Passform und von 1 (vormals Punkt C) zu 2 erweitern wir um 1 1/2 inches.

Den hinteren Schritt vollenden wir wie folgt: Von L zum zweiten R Punkt sind es 3 inches. Dieser Punkt wird mit J verbunden. Nun setzen wir die Kurve an, um von K zu J und I zu M einzuzeichnen. Von I zum neuen Punkt H sind es 1/12 der Hüftweite und von H zu M wird 1 inch für Nähte abgetragen. Jetzt fügen wir von 3 (vormals Punkt T) zu Punkt 4 1 1/2 inches für Nähte und Passform hinzu. Zum Abschluss verbinden wir M mit 4 in einer Kurve. Dies beendet das Rückteil, das an Taillenbund und Knie gerafft wird.

Wenn die Passform an der Taille etwas enger sein soll, lässt sich am Rückteil ein Abnäher einfügen. Dazu wird auf der Hälfte von R zu P der Punkt O eingezeichnet. Im rechten Winkel zu O zeichnen wir 4 1/2 inches zu T. Auf jeder Seite von O zu V und W wird 1 inch gemessen. Von den Punkten V zu T und W zu T werden bogenartig die Abnäherlinien gezeichnet. Dies vollendet die Konstruktion des Hosenschnittes inklusive Nahtzugaben!

Wenn eine Knopfleiste vorne gewünscht ist, wird am Vorderteil von R zu J die Knopfleiste hinzugefügt. Wenn seitlich geknöpft werden soll, wird die Knopfleiste am hinteren Teil von P zu U angefügt. Um die Öffnung hinten anzubringen, wird von K zu J entsprechend angefügt.

One comment

  1. Regina Gschladt Post author

    Nachtrag zu diesem Beitrag: Was ich ganz toll finde ist, dass das Vorderteil wirklich passt, das Rückteil muss für moderne Hosenschnitte etwas angepasst werden, da reichen auch die Abnäher nicht aus. Da wir heute alle etwas gerader und nicht so kurvig geformt sind, lässt sich auch der Hüftbogen deutlich schmaler und gerader gestalten, um weniger Stoff an den Seiten zu haben. Das Vorderteil hört im Schritt aber genau dort auf, wo die „Mitte“ ist, also ist wirklich nur das hintere Hosenteil mit weniger Fülle herzustellen, um eine besser sitzende Hose zu bekommen. Für das Jahr 1918 it der bauschige Schnitt allerdings mehr als passend 😉

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