Bei diesem netten Beitrag aus Der Bazar 1857 musste ich einfach schmunzeln. Ob die Frauen heutzutage immer noch so leicht zu charakterisieren sind? Ein bisschen Wahrheit steckt ja in jedem Klischee.
Ein spanisches Blatt (die „Novedades“) skizziert folgenderweise den Charakter der Französinnen, Engländerinnen und der Deutschen. Die Französin – sagt das Journal – heirathet aus Berechnung, die Engländerin, weil es üblich ist, die Deutsche aus Liebe. Die Französin liebt bis zum Ende der Flitterwochen, die Engländerin das ganze Leben, die Deutsche ewig. Die Französin führt ihre Tochter auf den Ball, die Engländerin führt sie in die Kirche, die Deutsche beschäftigt sie in der Küche. Die Französin hat Geist und Phantasie, die Engländerin hat Intelligenz, die Deutsche Gefühl. Die Französin kleidet sich mit Geschmack, die Engländerin geschmacklos, die Deutsche bescheiden. Die Französin plaudert, die Engländerin spricht, die Deutsche urtheilt. Die Französin bietet eine Rose an, eine Dahlia die Engländerin, die Deutsche ein Vergißmeinnicht. Die Ueberlegenheit der Französin liegt in der Zunge, jene der Engländerin im Kopfe, der Deutschen im Herzen. – Und die Spanierinnen? Oh diese, meinen die „Novedades“, können Französinnen, Engländerinnen und Deutschen zum Muster dienen. Sie sind Meister in allem, besonders aber um die Beute zu locken und sie zu ergreifen.
Bild: Portrait einer spanischen Frau, Emile Eisman-Semenowsky, 1888