Welche Hobbyschneiderin kennt es nicht – abpausen von Schnittmustern erfordert eine große Menge an Seidenpapier. Die folgende Anleitung aus Der Bazar 1858 zeigt eine damals durchaus interessante Methode. Dabei wird normales Papier genommen und mit Benzol getränkt, um es durchsichtiger zu machen. Aus heutiger Sicht weiß man allerdings, dass Benzol nicht ungefährlich ist. Von der Durchführung dieser Methode ist also abzuraten! Eine Alternative zu Benzol und evtl. auch die korrekte Handhabe wäre zum Beispiel Parfümalkohol oder Haushaltsalkohol, der deutlich weniger gesundheitsschädlich ist.
Neue Methode zum Durchzeichnen
Die bisher üblichen Methoden zum Durchzeichnen sind bekanntlich ziemlich umständlich. Die neue Methode gewährt den Vortheil, daß man nicht allein mit Bleistift, sondern eben so leicht auch mit Tinte, Tusch- und Wasserfarben eine Zeichnung, Figur, Schrift oder Malerei direkt auf weißes, an und für sich undurchsichtiges Brief-, Schreib- oder Zeichenpapier übertragen kann. Sie ist ganz einfach und der vielseitigen Anwendung fähig.
Man legt nemlich das Papier, auf welchem man die Zeichnung haben will, auf das abzuzeichnende Original, bestreicht das obere Papier mit Baumwolle, die mit reinem Benzol (das ist einer der flüchtigsten, leichtesten Bestandtheile des Steinkohlentheeröls) getränkt worden ist. Die bestirchene Stellen des Papiers werden dadurch, daß sie das Benzol aus der Baumwolle in ihre Poren aufnehmen, ebenso durchsichtig wie das beste Oelpapier oder Durchzeichenpapier, so daß man die feinste Zeichnung auf er Unterlage, welche hierbei nicht mit im mindesten leidet, deutlich genug erkennt, um sie durchzeichnen zu können, auch wird das Papier durchaus nicht faltig oder wellenförmig, sondern bleibt ganz glatt und eben. Das auf solche Weise mit Benzol ganz benetzte Papier läßt sich gleich leicht mit Bleistift, Tinte, Tusche und Wasserfarben bezeichnen oder bemalen, ohne daß z. B. die Tinte oder Tusche nur im mindesten fließt oder zerläuft. Dennoch haften die auf das mit Benzol getränkte Papier aufgetragenen Bleistift-, Tinte- oder Tuschstriche viel fester und dauerhafter, als geähnlich auf demselben, und selbst sehr zart geführte Bleistiftstriche lassen sich nachher nur schwer durch Caoutchouc wieder wegreiben.
Will man größere Originale durchzeichnen, so befeuchtet man das Papier nur nach und nach mit dem Benzol, und sollte während des Durchzeichnens auf der eben befeuchteten Stelle das Papier trübe werden, bevor man ganz fertig ist, so braucht man nur wieder etwas neues Benzol darauf zu bringen. Nach beendigter Arbeit läßt man das Papier liegen, das Benzol verfliegt rasch davon und in dem Maße wird auch das Papier wieder ebenso weiß und undurchsichtig, wie es erst war, ohne daß man Flecke darauf oder einen Geruch bemerken kann, wenn man gut gereinigtes Benzol verwendet hatte. Ueberhaupt riecht das reine Benzol durchaus nicht unangenehm und sein Geruch übt keinen nachtheiligen Einfluß auf den Zeichner aus.
Auch wenn man den Geruch vielleicht als „angenehm“ bezeichnen wollte, so weiß man heute, dass die Dämpfe von Benzol giftig sind und in entsprechenden Mengen tödlich sein können. Auch kleinere Mengen können Einfluß auf das Erbgut haben und krebserregend sein.
Vielleicht ist Seidenpapier doch die bessere Methode 😉