Das folgende Menü stammt aus dem Jahre 1886 und erschien in der Illustrierten Frauenzeitung:
Rindfleich-Suppe mit Bouillon-Reis
Nierenschnittchen
Zander mit Krebssauce
Schinken in Malaga, auf spanische Art
Ochsenzunge, in Papier gedünstet
Poularden-Braten, dazu Compotes und Salat
Artischocken, natürliche Art
Cabinets-Pudding
Obst
Nierenschnittchen
Eine große, schöne Kalbsniere, die mit dem noch fest daran sitzenden Nierenstück gebraten ist, wird mit dem sie umgebenden Fett aus dem Fleische gelöst und zum Erkalten hingestellt. Zwei Stunden vor dem Gebrauche hackt man die vorher erst von Sehnen frei gemachte Niere so fein als möglich, rührt dann einen Löffel geronnenes Bratensaucen-Fett nebst 80 Gr. Butter zu Sahne, thut nach und nach 3 Eidotter, einige geriebene Shalotten, 6 fein gehackte Sardellen, etwas Salz und gestoßenen weißen Pfeffer daran und verrührt Alles mit einander, um nun die gehackte Niere dazu zu thun und das Ganze zu einer glatten Farce zu vereinigen. Hierauf macht man von etwas Butter, einem gehäuften Kaffeelöffel Mehl und einer fein geschnittenen Schalotte eine weiße Mehlschwitze, verrührt diese mit einigen Eßlöffeln Kräuteressig, giebt Salz daran, schmeckt sie ab und vereinigt sie sogleich mit obiger Farce. Nun schneidet man runde bleifederdicke Semmelschnittchen von gleicher Größe, bestreicht sie auf einer Seite reichlich mit Farce, legt die Schnittchen neben einander, mit der bestrichenen Seite nach oben, auf ein sauberes bebuttertes Backblech, überstret sie hier noch leicht mit geriebenem Parmesankäse und stellt sie in einen mäßig heißen Ofen, um die Farce durchweg heiß werden zu lassen. Die Schnittchen werden warm, mit gebackener Petersilie garniert servirt.
Schön finde ich ja, dass Parmesankäse in so vielen Rezepten des 19. Jahrhundert vorkommt. Ob ich die Nierenschnittchen mal ausprobieren werde, weiß ich noch nicht. Eigentlich bin ich kein großer Fan von Innereien, aber dieses Rezept klingt schon wieder köstlich…
Schinken in Malaga
Einen schönen, nicht zu großen Schinken von einem jungen Schweine wässert man in öfters erneutem Wasser, während man ihn auch einige Male tüchtig an den stärker angeräucherten Stellen ausbürstet, 24 Stunden lang, schneidet dann das Bein im Gelenk ab und entfernt die etwa noch daran sitzenden trockenen, braunen Stellen ebenfalls durch Abschneiden. Hiernach belegt man den Schinken mit einigen Lorbeerblättern, etwas Suppenwurzeln, feinen Kräutern und in Scheiben geschnittenen Zwiebeln, schlägt ihn so in ein Tuch ein, umwickelt ihn mit Bindfaden und läßt ihn nun, reichlich mit siedendem Wasser bedeckt, ganz langsam in ungefähr 5 Stunden, zugedeckt, gar und weich kochen. Da sich die Kochzeit nach Größe und Alter des Schinkens richtet, dieser aber durch zu langes oder zu lebhaftes Kochen leicht faserig wird, so thut man gut, öfters zu probiren, ob sich die Schwarte mit dem Zeigefinger leicht durchstechen läßt. Ist dies der Fall, dann hebt man den Schinken auf ein Brett, nimmt das Tuch und alles darüber gelegte Gewürz ab und zieht die Schwarte bis auf ein vier Finger breites Stück, welches rings um das Beinende sitzen bleiben muß und dann hübsch ausgezackt wird, ab. Zuletzt richtet man den Schinken auf einer passenden Schüssel an und umgiebt ihn mit folgendem, inzwischen zubereiteten Ragout.
Man glacirt 2 Hände voll kleiner Zwiebelchen und ebensoviel ganz kleiner Champignons oder Steinpilze in Butter und wenig Zucker, vereinigt dann die Pilze mit den Zwiebeln und stellt sie auf eine warme Stelle, um nun 1/2 Kilo Frankfurter Würstchen 10-15 Minuten lang in heißes Wasser zu legen. Darauf macht man in 100 Gr. Butter mit 2 Eßlöffeln Mehl eine schöne, braune Mehlschwitze, würzt sie mit wenig Cayenne-Pfeffer und verrührt sie dann mit 1/2 Flasche Malaga, kräftiger Bouillon und etwas von der Schinkenbrühe zu einer dickflüssigen Sauce, welche man hiernach in zwei Hälften theilt. In die eine Hälfte thut man die Zwiebelchen mit den Champignons, sowie auch die, nun erst von ihrer Haut befreiten und in daumenbreite Stücke geschnittenen Frankfurter Würstchen und schwenkt dies Ragout, bis es durchweg erhitzt ist, aber nicht kocht, über dem Feuer um, worauf es als Garnitur des Schinkens angerichtet wird. Die zurückgelassene Hälfte der Sauce wird noch mit etwas Champignon-Essenz gewürzt, mit Bouillon oder Malaga zu einer gebundenen Sauce verrührt und extra zum Schinken servirt. Man kann das Ragout durch hellfarbige Fleischfarce-Klößchen und glacirte Maronen noch bereichern.
Uff- ich bin satt! Schinken plus Würstchen plus Mehlschwitze-Sauce – Wer jetzt noch Fleischfarce-Klößchen und glacierte Maronen braucht, dem ist wohl nicht mehr zu helfen!
Malaga-Wein ist ein süßer Likörwein aus Andalusien, genauer gesagt aus der Provinz Malaga, der häufig auch zu Desserts gereicht wird.
Ochsenzunge in Papier
Nachdem man eine frische Ochsenzunge gut ausgewässert und einige Male tüchtig abgewaschen hat, läßt man sie, reichlich mit siedendem Wasser versehen und fest zugedeckt, gar und weich kochen; wenn die Zunge ungefähr halb gar ist, thut man das nöthige Salz daran. Die fertig gekochte Zunge wird aus der Brühe gehoben, die dicke Haut abgezogen und darauf die Zunge, am besten wieder in der Brühe, zum Erkalten hingestellt. Beim Gebrauche schneidet man die Zunge in etwas schräger Quere in 1 Centm. dicke Schnitte, bestreicht diese auf allen Seiten recht fett mit frischer Butter, welche man zuvor mit fein gehacktem Thymian, ein wenig fein geriebener Brodkrume, gestoßenem Pfeffer und Salz verknetet hatte. Nunmehr wickelt man jedes Zungenschnittchen in ein mit Olivenöl getränktes Papier und röstet die Schnittchen über mäßigem Feuer gar. Nachdem hierauf das Papier wieder entfernt worden, legt man die Schnittchen auf einer passenden Schüssel in Zungenform an einander, garnirt sie mit grünen Kräutern und Tomaten und servirt sie mit einer extra dazu gereichten Sardellen- oder Anchovis-Sauce.
Dieses Ochsenzungen-Rezept klingt so lecker, das werde ich bestimmt einmal ausprobieren. Vielleicht lasse ich aber die Sardellen-/Anchovis-Sauce weg, das ist dann doch zu viel des Guten.
Artischocken, natürliche Art
Man wählt hierzu ganz frische Artischocken, schneidet von jeder den Stiel und die harten Blätter, sowie von den übrigen Blättern die Spitzen ab, schält dann den Boden recht rund, reibt ihn sofort, damit er seine frische Farbe behält, mit Zitronensäure ein und wirft darauf die Artischocke in frisches, mit Zitronensäure versehenes Wasser. Ungefährt 1/2 Stunde vor dem Anrichten legt man die Artischocke in lebhaft siedendes, mit Salz und Zitronensäure versehenes Wasser, läßt sie hierin rasch weich kochen, schüttet sie dann auf ein Sieb und zieht nun die innern Blätter und die Fasern, den sogenannten Bart, heraus, um sie so warm zu stellen. Wenn das geschehen ist, giebt man eine Handvoll fein gestoßenem Zwieback, Salz, Muskatnuß, gehackte Champignons und Petersilie in gebräunte, heiße Butter und läßt Alles gut durchkröschen. Die Artischocken richtet man während dieser Zeit auf einer Schüssel, aufrecht neben einander gestellt, recht warm an und gießt die gewürzte Butter heiß und zwar so darüber, daß sie, sammt dem Zwieback und den gehackten Champignons, zwischen den Blättern der Artischocken reichlich hängen bleibt. Es ist hierzu nicht viel Butter erforderlich, weil meistens noch geschmolzene Butter dazu servirt wird.
Fragt mich nicht, was „durchkröschen“ heißt, aber so steht es im Rezept. Champignons scheinen sehr beliebt zu sein im 19. Jahrhundert, fast jedes Rezept enthält mindestens einmal klein gehackte Champignons. Dieses Artischocken-Rezept macht sich bestimmt bei der nächsten Dinnerparty gut!